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Mittwoch, 6. Juli 2011

Strafe

Als ich zum dritten mal aufwache zeigt mein Wecker die Zahl halb eins an. Was? So lange soll ich geschlafen haben? Es fühlt sich höchstens an wie ein paar Minuten. Ich möchte weiterschlafen, zurück in die Kissen sinken und alles vergessen aber das geht nicht. Unten höre ich Mama in der Küche hantieren. Mit leisen Sohlen tapse ich ins Bad. Um den Moment so weit wie möglich hinauszuzögern, gehe ich erst auf Toilette, putze mir dann die Zähne, wasche mein Gesicht. Aber irgendwann habe ich nichts mehr zu tun. Die Waage hockt auf dem Boden wie ein zum Töten bereites Tier. Lächelt mir höhnisch zu. Noch ist das Display grau und leer, doch schon bald werden Zahlen darauf erscheinen, in die Höhe klettern unermüdlich, und ich werde nur mühsam einen Schrei unterdrücken können. Das Ergebnis blinkt vor mir auf. Eine Millisekunde und ich verstehe. Unglaublicher Schmerz durchflutet meinen Körper, setzt sich in meinen Bauch. Fast kommen mir die Tränen. Es ist ein Kilo und zweihundert Gramm mehr als gestern. Mein Bauch ragt aus dem ganzen Schlamassel hervor, wie ein gestrandeter Wal. Groß und weiß liegt er im Sand, von der grauen Gischt des Meeres umspült. Meine Beine zittern, fühlen sich an wie zwei Stelzen, sind in Wirklichkeit fette Steinsäulen die jedem Orkan standhalten würden. Es ist vorbei, alles ist aus, und dabei hatte es so gut angefangen. Ich weiß nicht mehr weiter. Plötzlich verspüre ich den Wunsch in mein Bett zurückzugehen und zu schlafen. Hundert Jahre lang. Wie Dornröschen. Doch kaum bin ich in meinem Zimmer und unter die Bettdecke zurückgekrochen kommt meine Mutter herein. Sie fragt ob ich Pizza möchte. Ja, bitte, ich hab so einen Hunger. Am besten ein ganzes Blech für mich allein. Bitte, bitte, bitte.  Ich höre mich sagen: Nein, danke. Ich ess lieber was gesundes. Sie sagt, sie kann auch eine gesunde Pizza machen, aber das möchte ich auch nicht. Ich werde heute nichts essen. Aber das sage ich ihr natürlich nicht. Sie sagt, sie hätte Himbeeren und Naturjoghurt mitgebracht, ich bedanke mich. Als sie das Zimmer wieder verlassen hat schreit alles in mir dass ich doch noch sagen soll ich möchte eine Pizza. Aber das tue ich nicht. Mein Mund bleibt geschlossen wie der eines stummen Fisches, denn ich kann das Fett fühlen. Fett was mich langsam auffrisst und verzehrt, die Glücklichkeit aus mir heraussaugt. Meine Hand greift zur Kaugummipackung.
Später kommt meine Mutter nochmal rein. Sie hat mir eine Hose und eine Sonnenblume mitgebracht. Über die Sonnenblume freue ich mich, über die Hose umso weniger. Sie versteht einfach nicht, dass ich keine Hose möchte. Gestern haben wir sieben Hosen anprobiert und es hat keine gepasst. Also ich hab  mir in keiner gefallen. Sie meinte immer was ich denn hätte, es sähe doch schön aus. LÜGNERIN!!!!!! Scheiße, warum lügst du deine eigenen Kinder an. Nur zu ihrem besten? Dass ich nicht lache. -.-



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