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Montag, 14. Mai 2012

einmal ist keinmal

Verwehte Stimmen treiben auf mein Ohr zu, ein einzelner Rollkoffer und Schuhe die ihn klack, klack, klack hinter sich herziehen. Verstreute Fußballfans die zu lange feiern waren. Ein Zug rast donnernd über meinen Kopf hinweg. Ich sitze in der Nische und beobachte, mein kleines Versteck ist wie ein Fernglas für mich. Ans Schlafen kann ich nicht denken, dazu bin ich zu ängstlich. Meine Gelenke schmerzen höllisch, vom endlosen Sitzen in der gleichen Position, doch um sie zu ändern bin ich viel zu müde. Ganz unbeweglich hocke ich da, die Knie dicht an mich gezogen um die Kälte abzuwenden, Arme drumherumgeschlungen, den Kopf an die kalten Steine gelehnt. Die Kapuze gibt mir Sicherheit, ich habe sie mir tief ins Gesicht gezogen und nur durch einen kleinen Schlitz schaue ich der Welt da draußen zu. Froh darüber dass kein Wochenende und etwas weniger los ist, nicke ich irgendwann ein. Minuten später schrecke ich wieder hoch. Neue Gedanken durchfluten meinen Körper, strömen durch mein Blut als wären sie erst jetzt erschaffen worden. Nein! Ich will nicht so werden wie die anderen Penner  die ungeschützt vor Blicken irgendwohin pinkeln, will nicht mit ekelhaften, fettigen Haaren herumlaufen müssen. Die Leute die mich in meiner Nische gesehen haben, haben mitleidig geschaut, eine Frau hat mich angelächelt, ein  Mann hat mir Angst gemacht in dem er mich zehn Minuten angestarrt hat, während er so tat das Schaufenster zu studieren. Meine Glieder schmerzen als ich aufstehe und einen Entschluss fasse. Ich lasse mich lieber von meinen Eltern tyrannisieren als das hier.
Irgendwie werde ich diese zwei Jahre schon überstehen. Und dann werde ich endlich glücklich sein können. Der Zug um halb fünf trägt mich nach Hause, als ich dort gegen acht ankomme ist niemand aufgelöst weil ich nicht da war. Nein, es hat keinen interessiert. Keinen!  Nicht meine Geschwister, nicht meine Eltern. Hätte ich mich doch vor den Zug geworfen anstatt mit ihm nach Hause in die Hölle zu fahren.

2 Kommentare:

  1. ich wünschte, ich hätte dich auf diesen nassen und mit trauerbesetzen weg dir beigestanden. zusammen ist man weniger allein.

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  2. Liebe Sophie,

    möchtest du dich nicht doch ans Jugendamt wenden? Oder wenigstens für ein paar Tage zu einer Verwandten, falls es eine gibt die du besuchen könntest, fahren?

    Rain

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